Heiner H . Hoier / works

Selected Writings

das sichtbare und das unsichtbare / III
Hegel, Heisenberg
und die Bildende Kunst.

anmerkungen zur quantenmechanischen transformation
des ästhetischen.
Die letzte Äusserung des delphischen Orakels I

Geh sag dem könig die dädalischen
Mauern sind zur Erde gestürzt
Phoibos hat kein Heiligtum keinen
Prophetischen Lorbeer keinen
Sprechenden quell mehr. das plaudernde
Wasser zuletzt ist versiegt.
Thomas Kling
(…) Von einer geheimen Affinität zwischen Ästhetizismus und Totalitarismus war die Rede, zwischen Mob und Elite, von einer unverantwortlichen und daher falschen Synthese aus Kunst und Politik (…).
Elisabeth Lenk / Ethik des Aesthetischen(1)
„Eure gesetzlichen Konzepte von Besitz, Ausdruck, Identität, Bewegung und Zusammenhang betreffen uns nicht, denn sie basieren auf Materie, aber hier ist keine Materie…“
John Perry Barlows / ELECTRONIK FRONTIER FOUNDATION, USA

I kunst & macht


„Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss“ , sagt Heraklit und meint damit soetwas wie die Flüchtigkeit allen gedanklichen “Fortschritts“.


Das alles fliesst, erklärt, warum die Halbwertszeiten der Erkenntisse immer kürzer und die kritischen Gedanken darüber nicht weniger kurz geraten. Gerade werden sie , von den Stromschnellen technischer Exponentialität mitgerissen ….


 


So, wie das Wesenhafte der Kunst.


Es bedurfte einer Odyssee durch die Expressionsgeschichte des Abendlandes, bis sich die Bildende Kunst als das verstand, was heute die Individuation der Werkprozesse heisst.
In der Neuzeit werden sie zum Ideal und subjektiv-ästhetischer Empfindung,  zur Antithese, die den alten, feudalen  Abhängigkeiten, besonders aber den aufkommenden Naturwissenschaften  mit ihren Geltungsansprüchen den Kampf ansagen. 


„Das Aesthetische will nicht zur Macht kommen, sondern das Prinzip der Macht demaskieren.“  So steht es noch bei Elizabeth Lenk in „Ethik des Aesthetischen“.(1)


Aber schon in der Gestalt ihres  gewonnenen Selbstbewusstseins als moralische Instanz - das abendländische Credo des Guten, Wahren, Schönen - muss Kunst erkennen, dass die aufkommende Industriealisierung ihr dieses Versprechen streitig macht.


Das Werk der Hände ,  selbst technischen Ursprungs, befand sich unvermittelt im Sog eines sich verselbstständigenden, technischen Innovationsschubs der den Lebensalltags von Grund auf veränderte - einer  Moderne , die die ästhetischen Experimente der Kunst nutzte um sie zu zentrieren,  zu kanalisieren und zu kapitalisieren. 


So wie am Ende der Antike die homerischen Mythen zerfallen und übergehen in den christlich-sprituellen Monotheismus -  beansprucht die technologisch ausgreifende Naturwissenschaft die Verfügungsgewalt auch über die Phänomene . 


Es wendet sich das Verhältnis von Werk und Werkzeug zu dessen Gunsten. Damit ist die Entwicklungsrichtung auch für die Kunst vorgegeben.


Die Produktivkraft des Bewusstseins verdichtet sich nun in jenem methodischen SYSTEMGEDANKEN  „ (…) der die Mannigfaltigkeit der Teile zur Einheit zwingt. (…)“(2)


 


Hergeleitet aus der Phänomenologie geistiger Emergenz, die das eigene Forschreiten aus sich selbst hervorbringt(3) - entsteht die Illuminationsmaschine der Moderne. Ihre polyglotte Apparation (und ihre potenzielle Skrupellosigkeit)  kann die sie treibende Sehnsucht nach Metaphysik und Spiritualität, die sich stets im Ästhetischen als Das Schöne verbergen,  bedienen - kalkulierter und unmittelbarer noch als es das Versprechen der Kunst jemals vermochte - auf Knopfdruck eben.  


Das geht überein mit dem Systembegriff als solchem: als eine übergreifende Macht des Allgemeinen über das Individuum.(4)


Und das hat ein denkgeschichtliches, zentraleuropäisches  Datum  :


Der nach Kant und Fichte erste "Kognitionsdesigner" des deutschen Idealismus, Friedrich Hegel, nimmt früh schon den systemischen Verfügungsanspruch auch über das Ästhetische in seine Wissenschaftsbetrachtung auf und bringt die scheinbar  disparaten Gedanken von Kunst und Kognition zusammen:


„(…) Ich bin nun überzeugt“, sagt Hegel in seiner Antrittsvorlesung in Berlin 1818, „ dass der höchste Akt der Vernunft, der, indem sie alle umfasst ein ästhetischer Akt ist und das Wahrheit und Güte nur in der Schönheit verschwistert sind . Der Philosoph muss ebensoviel ästhetische Kraft besitzen wie der Dichter." 


Hier scheint die geistige Trias einer idealen Ganzheit auf. Schon im Neologismus der platonischen „Vernunftseele" ist sie philosophisch grundgelegt. 


Sie gilt als Nukleus der Produktions- und Erfolgsgeschichte des abendländischen Denkens.


II physik & gefühl


Der Deutsche Idealismus, verkürzt gesagt, das historisch konstitutive Fundament des Designthinkings heutiger Prägung liefert den antikisch-mythisierten Hintergrund für dessen Verfügungsphantasien. 


"(...) Von der Grösse und Macht seines Geistes kann der Mensch nicht gross genug denken," verkündet Hegel weiter. „ Das zuerst verborgene und verschlossene Wesen des Universums hat keine Kraft, die dem Mute des Erkennens Widerstand leisten könnte , es muss sich vor ihm auftun , und seinen Reichtum und seine Tiefen ihn vor Augen legen und zum Genusse geben. (....)" (5)


 


Schon hier zeigt sich die  Protoform einer "zum Genusse der Grösse und Macht des Menschen" systemisch ausgebeuteten Natur, die sich in ihrer „Schönheit und Güte“, Wille und Vorstellung des Menschen zu unterwerfen habe.


Der, von der Aufklärung vorformulierte finale Zielpunkt, auf den epistemologisch alles zulaufen wird ist schon abzusehen: 


Die  Entgegenständlichung der materiellen Welt durch ihre abstrakten, subatomaren Energien, von der z.B. die Quantenphysik auch ästhetisch kündet:


„Ich hatte das Gefühl, durch die Oberfläche der atomaren Erscheinungen hindurch auf einen tief darunterliegenden Grund von merkwürdiger innerer Schönheit zu schauen“ , schwärmt Werner Heisenberg, der die Quantentheorie mitentwickelte „ … und es wurde mir fast schwindelig bei dem Gedanken , dass ich nun dieser Fülle von mathematischen Strukturen nachgehen sollte , die die Natur dort unten vor mir ausgebreitet hatte.“ (6) 


Die mentalistisch gefärbten Beschreibungen - zeitlich getrennt durch ein Jahrhundert - sind in iher Ähnlichkeit  frappierend; sie beanspruchen über den positivistischen Blick  hinaus auch die spirituelle Dimension des Idealen, die sich einer exakten Methodisierung  entzieht. 


Hier dringt das  Design der Wissenschaft in die ästhetisch verschlossene  Sphäre des künstlerischen Bewusstseins vor, um sie, so kann man sagen,  mathematisch in Besitz zu nehmen.(7)


III abstraktion & natur


Es waren die Künstler, die, will man es naturwissenschaftlich ausdrücken, als Erste in die  inter-molekularen / subatomaren  Tiefen der Materie hinabstiegen und erfuhren was es heisst, wenn  sich die raumzeitlich indeterministische Physik und die  energetisch-synaptischen Felder des künstlerischen Bewusstseins hier unten als miteinander verschränkt offenbaren  und ein sensorisch - ästhetisch-abstraktes Wirklichkeitsempfinden jenseits aller Mathematisierbarkeit ermöglichen.(8)


In diesem Zustand Heisenberg`scher Unschärferelation wird das anschauende Selbst - wie in der Quantenphysik -  mit dem Angeschauten identisch d.h. universell. Es wird zum raumzeitlich Fremden seiner selbst(9), wodurch sich jeder Unterschied zwischen Objekt und Subjekt, Innen und Aussen, Ort und Zeit , Ursache und Wirkung aufhebt.  Die klassische Physik verliert ihre Gewissheiten.   


Diese indeterministische Sphäre der künstlerischen Abstraktion nannte Walter Benjamin „Aura“,  Kandinsky "Das Geistige in der Kunst“ und  Malevitch "Die gegenstandslose Welt“.


Ihre semiotisch-vektoriellen Elementarzeichen, so kann man sagen, entsprechen auf der ästhetisch-ikonografischen Ebene künstlerischer Empfindung den Elementarteilchen der Quantenmechanik (Qubits) - dem Quell sublimer Naturerfahrung. Sie transferieren sich offenbar nach kosmologisch fundierten Gesetzen einer informationellen Vorprägung („Protyposis“)(10) auch in die gegenstandslose Ikonografie der modernen Malerei, in ihre abstrakte Semiotik.


Paul Klee fasste es zusammen: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ 


In diesem Sinne sind Kunstwerke Transformationen  indeterministischer Energien des physikalisch Elementaren, die sich mit der intermolekularen Ebene der Bewusstseins-Materie  verbinden, um so die gegenstandlose Struktur der unbekannten Realität der Natur  , in der die raumzeitlichen Gesetze der klassischen, sprich objektivistischen Physik nicht mehr gelten, künstlerisch zu sublimieren. 


Dort, wo sich die Grenze zwischen Beobachter und Beobachtetem aufhebt, werden Künstler und Werk eins.(11)


Velazquez („Las Meninas“), Duchamp („readymade“ / "Junggesellenmaschine“), Malevitch („Suprematismus“) und Mondrian („Abstraktion & Natur“), sind dafür nur einige historische Beispiele, deren ästhetische Kompositionen den Wirkmechanismus eines Algorithmus erahnen lassen. Nicht mehr das nur mimetische Sujet, sondern die  Tiefenstruktur der sich selbst beobachtenden Wahrnehmung  wird zum Thema.(12)


So erscheint ästhetische Sublimation nicht nur als Triebkraft der modernen Erkenntnis- und Expressionsgeschichte, sondern auch als Teil eines vermeintlichen Wettbewerbs zwischen Natur und Technik.


Kunst (genauer: das Ästhetische) sieht sich hineingezogen in die ideologische Kontroverse verschiedener Wahrheits- und Erlösungsversprechen für den zwischenzeitlich erkalteten Menschen eines technisch-utilitaristischen Zeitalters.(13)


 


Dass Kunst sich den Deutungsambivalenzen eines solchen Streits nicht entziehen konnte macht klar , wie sehr sie selbst an der Instrumentalisierung des Begriffs und den heutigen Erwartungen des Betriebs beteiligt ist.(14)


Kunst hat sich - entgegen ihrer idealisch altruistischen Gestik - in Wahrheit den neuen Verfügungstechniken nicht nur zeitgeistig affirmiert, sondern diese durch ihren ungehemmt schöpferischen Progress  mit hervorgebracht ; sie hat sich äusserst lustvoll, so scheint es, dem  nihilistisch grundierten Zustands-Zauber ihrer eigenen Götterdämmerung ergeben, den sie immer schon zugunsten ihres eskapistischen Ideals beschwor, bediente und inszenierte.(15)


 


So erscheint ausgerechnet die ästhetische Pleonexie, die Kunst mit dem Innovationszwang der wissenschaftlich-instrumentellen Episteme , den sie als strukturelle Ursache einer solchen Entwicklung vorgibt zu unterlaufen , synchronisiert. 


Denn in Wahrheit  finden hier zwei Erkenntnis-Strömungen der abendländischen Erkenntnis- und Werkzeuggeschichte zusammen. Intuitiver Idealismus und kognitiver Realismus bilden dabei ein opportunistisch widerstreitendes Duo.


Diese Camouflage vollzieht sich in Wahrheit erschreckend einvernehmlich, weil Kunst und (eine noch immer nicht verstandene mythisierte) Technik denselben idealischen Ueberbau haben -  sie wollen aufgehen im Absoluten.


Das Systemische - „hin zu einer vollendeten Einheit“ - universalisiert  sich im Allmachtsanspruch  künstlicher und künstlerischer Intelligenz und wird selbstreferenziell. Das kennt die Physik als den Endzustand  der Entropie.


 


Schaut man genauer hin, erkennt man hier soetwas wie den kybernetischen Widerschein der Hegel`schen Dialektik. In Vollendung ihrer Logik zeigt sich nun - so scheint es - die Kontur eines zu sich selbst gekommenen Weltgeistes.     Kunst und innovative Technik als vermeintlich antithetisches Kontinuum münden ein in die Totalität der gemeinsamen apparativ-ästhetischen Utopie einer idealischen  Widerspruchsfreiheit.(16)


IV rhetorik & kalkül


Mit welchen Argumenten wird eine solche Scheindebatte  geführt und was sagt sie wirklich?


 


Während das Aesthetische, wie behauptet nicht zur Macht strebt, vielmehr das Prinzip der Macht demaskieren soll, (wie naiv auch immer angesichts der Kapitalisierung dieser Naivität  ….) , will Technik diese Macht erringen und sie zugunsten ihrer Verewigung verschleiern.(17)


Gerade technische Errungenschaften sind niemals nur wissenschaftsgeschichtliche Theorie geblieben, sondern stets empirische Realität geworden. Die Nuklearwaffen aus dem Giftschrank der Physik haben den Planeten an den Rand der Katastrophe geführt und die Möglichkeiten des Technischen ins Absurde vergrössert. 


(Die dionysische Spekulation mit  Menschenleben durch Kunst dagegen,  kennen wir bislang nur aus den Mythologien  -  noch , das wird sich ändern…)(18)


Trotz Empirie und vorgegebener Läuterung (sprich: trotz Nietzsche) scheint sich heute die Hybris des Denkens im Ideal des technischen Fortschritts zu wiederholen und fortzuschreiben.   


Die Nutzung subatomarer Energien als neue Triebkraft des „Designthinkings“ wird nicht nur unser Wirklichkeitsempfinden, sondern die Wirklichkeit selbst verändern, d.h. die klassischen Gesetze der Physik relativieren und  in eine energetisch entkörperlichte Kybernetik überführen.


Das zukünftig quantenmechanische Design der Wirklichkeit ist nur der Vorschein einer aufkommenden, noch nicht wirklich verstandenen künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence, AI ) worin alles, besonders alles Ästhetische aufgehen wird, weil es sich selbst für dass Ästhetische hält. 


"Wer von der Quantentheorie nicht schockiert ist, hat sie nicht verstanden" 
sagt Nils Bohr(19).  Er muss es wissen, er hat sie mitentwickelt. 


Der Philosoph  Hans Blumenberg zieht den Geltungsbereich  entsprechend strukturell : "Die Ueberführung der elementaren Energie in die technische Realität bedeutet eine Krise der ethischen Kraft der Menschheit." (20) 


Durch die Umsetzung stofflich linearer Wirklichkeit in virtuelle Energien - technisch schon erprobt durch die Algorithmisierung menschlicher Sensorik - zeigt sich ein ähnliches Bedrohungspotential, wie jenes der kalkulierten Möglichkeit nuklearer Annihilation. 


Denn die Entelechie des Virtuellen , konsequent zu Ende gedacht nimmt die Entmaterialisierung des biologischen Körpers nicht nur in Kauf, sondern vorweg.


In diesem Kontext erscheint die Begeisterung und Ergriffenheit  Werner Heisenbergs angesichts der probabilistischen Metaphysik der Materie  wie ein unheilschwangeres Versprechen zur  "Erlösung der Menschheit aus dem Ungenügen  an der teleologischen Vorsorge der Natur " (21).  Auch deshalb wohl erklärt er sich - zusammen mit seinem Mitstreiter C. F. v. Weizsäcker - zur handwerklichen Exekution dieses Versprechens bereit - unbeeindruckt davon, dass sein Auftraggeber mit Namen Adolf Hitler heisst .


Eine solche mentale Dissoziation macht sichtbar, was geschieht wenn „ästhetisches Bewusstsein“ und dessen politische Ideologisierung auf das Pragma des Machbaren trifft : ihre eingeebneten Elemente können sich nicht mehr widersprechen .


V kunst & freier wille


Aber wem gilt die Klage ?


Es sind die Entgrenzungsphantasien des Denkens selbst   das sich seine automotorischen Aequivalente  geschaffen hat ; Hervorbringungen einer von epistemischer Pleonexie getriebenen Werkzeuggeschichte. 


Träten wir vom Zukunftsfuror der Motivationssysteme einen Schritt zurück, sähen wir in dieser prothetischen Umwälzung der  Menschheitsgeschichte die finale Entwicklungsstufe eines aus unserem verborgenen Mangel enstandenes, nach Vollkommenheit hungerndes Bewusstsein. 


Kunst verklärte diesen Vorgang durch die trojanischen Apologien des "Schönen“.  Sie  verdeckte und beförderte deren apollinisch-dionysische Dialektik mit ihrem ambitionierten , spirituell grundierten Abstraktionismus ,  denn  (...) die Natur nachzuahmen heisst  immer ihrer  I d e e  (des Teleologischen überhaupt) habhaft werden zu wollen. In der Tat gründet darauf jede ästhetisch-idealische Utopie (incl. Antithese).
Sie technisch raumzeitlich nachzubilden um sie nicht nur - wie insinuiert -anschaulich zu machen, sondern zu beherrschen, war stets das wahre Ziel des epistemisch agierenden Bewusstseins. 


Marcel Duchamp erkannte diese ontologisch subversive Utopie damals bereits wie die heutigen Ouantenmechaniker  im Maschinenraum von Morgen :


„ Wenn unsere 3-D Wirklichkeit 2 dimensionale Schatten wirft, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass unsere 3-D-Wirklichkeit der Schatten einer 4. Dimension ist “ (22).


Von den 11 (und mehr) Dimensionen der String- und M-Theoerie die ein nie gekanntes  Evolutionsdesign projektiert , konnte Duchamp noch nichts wissen.(23)


1)
Elizabeth Lenk / "Ethik des Aesthetischen am Beispiel des acte gratuit "/ Bentelli Verlag Bern, 1991
2)
Angelica Nuzzo / "System" / transcript Verlag Bielefeld, 2003
3)
Hans Blumenberg / "Schriften zur Technik" / suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 2015
4)
Angelica Nuzzo / ebd
5)
Klaus Vieweg / "Hegel"/ C.H. Beck, 2019
6)
Werner Heisenberg / „Der Teil und das Ganze“ / Autobiographie, 1969 / (Nobelpreis 1932 für seine Forschungen zur Quantenmechanik)
7)
Stephen Hawking / „ Immer öfter beantwortet die Naturwissenschaft Fragen, die einst in die Zuständigkeit der Religion fielen.“ /„Kurze Antworten auf grosse Fragen"/ Klett-Cotta 2019 :
8)
W. Heisenberg / ebd : " (...) Die kleinsten Teile der Materie sind tatsächlich nicht physikalische Objekte im gewöhnlichen Sinn des Wortes; sie sind Formen, Strukturen , oder im Sinne Platos, Ideen , über die man unzweideutig nur in der Sprache der Mathematik reden kann (...) ". Dieser trojanische Zugriff der Mathematik auf die Zwei-oder Mehrdeutigkeit prämorphischer Wahrheiten / Welten, der schon Hegels Absichten verriet, beendet genau genommen die offene , ästhetisch-semiotische Ambiguität der bildenden Kunst und treibt sie in die "falschen Synthese aus Kunst und Politik." (s. Elizabeth Lenk). Sie outet sich - jenseits anderer Erkenntnismöglichkeiten und originärer Freiheitserfahrung - als kybernetisch totalisierte Utopie des Designs.
9)
W. Heisenberg : In der Quantenphysik steht „ der Mensch auf dieser Erde (...) zum ersten Mal in der Geschichte nur noch sich selbst gegenüber, weil er keine anderen Partner oder Gegner mehr findet." Auf einer Vortragsreihe in München , 1953 und in „rowohlts deutscher enzyklopädie“, 1955
10)
Thomas Görnitz / Brigitte Görnitz / „Der kreative Kosmos“ / „Geist und Materie aus Quanteninformation“ / Springer Spektrum, 2002 : > mit (...) "Protyposis" bezeichnen (die Autoren) die bedeutungsfreie, abstrakte und kosmologisch fundierte Quanteninformation, der sich eine Gestalt, eine Form und schliesslich sogar eine Bedeutung einprägen kann."
11)
Henri Focillon / in : Eco , "Das Offene Kunstwerk“ (suhrkamp taschenbuch 1977) : "Die formalen Beziehungen in einem Kunstwerk und zwischen den verschiedenen Kunstwerken konstituieren eine Ordnung, eine Metapher des Universums."
12)
W. Heisenberg / ebd : "Einen wirklich "getrennten Beobachter" dessen Einfluss auf das Beobachtete und Untersuchte beliebig klein gemacht werden kann, kann es nicht geben" . / Dazu Hölderlin / zitiert von Klaus Vieweg in : „Hegel“ / C.H.Beck: „ (...) Er schreibt in einem Brief an Schiller, die Vereinigung von Subjekt und Objekt sei (…) ästhetisch in der intellectualen Anschauung möglich, keineswegs logisch-theoretisch, keinesfalls mittels Verstand oder Reflexion (…).
13)
Moderne Kunst als Antithese (Adorno) sieht sich besonders heute wo “der Kapitalismus die radikale Säkularisierung des Soziallebens nach sich zieht“
(s. Slavoj Zizek / "Das Kommunistische Manifest" / Fischer Taschenbuch, 2018) herausgefordert  den dialektisch resultierenden Bedarf nach  Illusion und Schönem Schein mit der Geste des aufgeklärten Widerstands entgegenzutreten um ihn aber ausgerechnet damit … zu bestätigen. So liefert sie im Ueberbietungswettbewerb mit den perfektionierten bildgebenden Verfahren digitaler Technologie ähnlich leere Tautologien. Sie taugen eher zur moralischen Entlastung als zur kritischen Erkennnis. Immer häufiger und offensichtlich in Vorahnung ihres eigenen Schicksals, wird das ästhetisch Künstlerische unter Inanspruchnahme des technisch Möglichen zur Dekoration - der formalen, der sozialen, der medialen - ein zunehmend verkitschter Libertarismus als Ausgleich zur Tristesse seiner digital konditionierten Klientel.
14)
Noch eindeutiger als der mutierende Gegenstand spricht seine Wechselwirkung mit dem Verwertungsystem: Wenn Kunst in ihrem betont sittlichen Bekenntnis versucht, die konsumentregelte Merkantilisierung einer Gesellschaft zugunsten von Zweckfreiheit, ästhetischer Erkenntnis und visueller Differenzierung - also zugunsten eines anderen Menschenbilds - zu unterlaufen, dann unterschätzt sie nicht nur das Absorptionsvermögen eines solchen Systems, sie verkürzt damit auch die Halbwertszeit ihrer eigenen künstlerischen Provokationen. Übrig bleibt ein nur mehr pleonasmisch-zirkuläres Schauspiel. (Ihre re-figurativen Narrationen, das Auftrumpfen eher eventischer Verzweiflungstaten, die romantisch-spekulativen Selbstinszenierungen, die Tricks behaupteter Unmittelbarkeit, die Motiv-Verrätselungen, die surreal-kalkulierten Metaphern aus dem Dunkel untergegangener Ideologien und Geister, die vom Markt zur Selbstkopie getriebene Werkproduktion, die „entregelten“ und „entrakelten“ Formen und Farben, die Imitationen der Imitationen des Technischen die in einem infinitiven Regress kallistischer Katalekte enden , usw, usw…) Es geht immer schneller ins Allgemeingut einer von Verwertbarkeit , Fortschritt, Modernität und Affirmation getriebenen Gesellschaft über. Man kann sagen, je anarchischer sich der Freiheitsgestus der Kunst gebärdet, desto identischer wird er (und sie) mit dem auf allen sozio-ökonomischen Ebenen enthemmten System der Selbstreferenz.
15)
Vorrangetrieben von den neuen Technologien, enden ihre oft kalkulierten Narrationen im Regress eines iconischen Freiheitsplacebos (s.ebd. 14) . Sie  widersprechen nur vermeintlich der technisch mimetischen „ Paranoia- Maschine“
( s.Deleuze`/ Guattari, aaO ) , deren Geschäft es ist dieses mediale Placebo noch schneller, perfekter, effizienter, spektakulärer, sittlich und moralisch skrupelloser zu simulieren und zu übertreffen. Vor allem aber unterscheidet sie sich von Kunst dadurch, dass sie die kollektiv emotionalisierte Teilhabe daran nicht mühevoll über den Umweg sittlich-sensorischer Intellektualität (wie Kunst sie verlangt ) nur verspricht , sondern in merkantiler Zielgenauigkeit in Echtzeit und sozialer Fingiation exekutiert.
16)
Die der Schriftsteller Miran Kundera eine Scheindebatte des „totalitären Kitsches“ nennt, „in der alle Antworten im Voraus gegeben werden und alle Fragen ausschließen“. In ARTFORUM July/August 2020 / zitiert von Timm Griffin über Hal Forster Buch : „Reality Tests“
17)
Henning Schmidgen / "Das Unbewusste der Maschinen / Konzeptionen des Psychischen bei Guattari, Deleuze und Lacan"/ Wilhelm Fink Verlag 1997
18)
Nietzsche / "Die Geburt der Tragödie", von Eco zitiert in / "Die Geschichte der Schönheit" (dtv, 2006) : "Die als Ordnung und Mass verstandene ruhige Harmonie drückt sich in dem aus , was Nietzsche apollinische Schönheit nennt. (..) Aber diese Schönheit ist gleichzeitig ein Schild, der die Präsenz einer dionysischen Schönheit auszulöschen versucht (...). Sie steht im Widerspruch zur Vernunft. (...) Es ist die Nachtseite des sanften attischen Himmels, die von initiatischen Mysterien und den Riten des Dionysos bevölkert ist. Diese nächtliche, aufwühlende Schönheit wird bis in die moderne Zeit verborgen bleiben und als das geheime, vitale Reservoir der zeitgenössischen Ausdrucksformen der Schönheit an der schönen klassischen Harmonie Rache nehmen."
19)
Nils Bohr / in W. Heisenberg / (aaO) „Der Teil und das Ganze“
20)
Hans Blumenberg / ebd
21)
Hans Blumenberg / ebd
22)
Marcel Duchamp / "Die Schriften " / Hrsg. Serge Stauffer / Regenbogen Verlag Zürich, 1981
23)
Stephen Hawking, a.a.O.
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